In den letzten 15 Jahren in Führungspositionen habe ich eins gelernt: Wer nicht nur Teams führt, sondern auch seine Vorgesetzten klug managt, gestaltet seine Karriere aktiver, erfolgreicher und nachhaltiger. „Managing Up“ ist nicht etwa Manipulation – es ist die Fähigkeit, die Zusammenarbeit mit Entscheidungsträgern so zu steuern, dass beide Seiten profitieren. Die Realität ist: Ihre Projekte hängen zu 80 % davon ab, wie gut Sie mit den Personen über Ihnen kommunizieren. Theorien sind nett, aber was zählt, sind Resultate. In diesem Beitrag teile ich erprobte Strategien, Fehlerquellen und persönliche Erfahrungen, die zeigen, wie man „Managing Up“ wirklich effektiv umsetzt.
Verstehen, was Ihr Chef braucht
Bevor Sie überhaupt überlegen, wie Sie managen, müssen Sie verstehen, was Ihr Chef wirklich braucht. In meiner Beratungspraxis habe ich oft gesehen, dass Mitarbeiter glauben, ihre Chefs suchten nur nach Ergebnissen. Aber in Wahrheit suchen viele nach Klarheit, Entlastung und Risikoabsicherung.
Die Realität ist, dass Führungskräfte häufig in einem massiven Informationsstau stecken. Emails, Meetings und Reports überfluten sie täglich. Wer es schafft, an der Front nur die Informationen zu liefern, die wirklich zählen, wird unverzichtbar. Im Jahr 2018 habe ich mit einem IT-Projektleiter gearbeitet, der seine Updates so detailreich machte, dass der CEO regelrecht abschaltete. Nach einer Umstellung auf strukturierte 3-Punkte-Updates wurde das Projekt rascher genehmigt und sogar früher umgesetzt.
Ihre Aufgabe beim Managing Up ist es, die entscheidenden Triggers herauszufinden: Was bereitet Ihrem Chef Sorgen? Welche Kennzahlen sind für ihn entscheidend? Wenn Sie Antworten auf diese Fragen haben, können Sie Ihre Kommunikation zielgerichtet aufbauen. Damit steigern Sie nicht nur die Zusammenarbeit – Sie bauen Vertrauen auf, das langfristig Loyalität sichert.
Erwartungen klar managen
Einer der größten Fehler beim Managing Up ist anzunehmen, dass die Erwartungen immer klar sind. MBA-Programme lehren, man brauche nur ein klar definiertes Ziel. Aber die Realität ist: Ziele ändern sich. Vorgaben verschieben sich. Und Chefs sind oft nicht so eindeutig, wie sie es selbst glauben.
Ich erinnere mich an ein Produktlaunch-Projekt. Der CEO sagte: „Wir müssen schnell auf den Markt.“ Das Team interpretierte dieses Ziel unterschiedlich: Einige planten für drei Monate, andere für sechs. Am Ende verloren wir Wochen durch Missverständnisse. Erst nachdem wir präzise Rückfragen gestellt hatten („Bis wann genau? Mit welchem Mindestumfang?“), entstand Klarheit, die das Projekt rettete.
Managing Up heißt hier: Sie müssen Klarheit erzwingen, allerdings diplomatisch. Machen Sie sich die Mühe, einen „Erwartungsabgleich“ anzustoßen. Halten Sie schriftlich fest, was Sie verstanden haben. So vermeiden Sie Interpretationsschlachten, sparen Zeit und steigern Ihre Glaubwürdigkeit.
Proaktiv statt reaktiv handeln
Vorgesetzte erwarten selten, dass Sie nur ausführen. Sie wollen Mitarbeiter, die Probleme vorhersehen, bevor sie eskalieren. In meiner Erfahrung gelingt das nur, wenn man regelmäßig eine „Zwei-Schritte-voraus“-Mentalität einnimmt.
Einmal arbeitete ich mit einem CFO, der ständig mit Finanzrisiken kämpfte. Einer meiner Teamleiter brachte jede Woche nicht nur Berichte, sondern auch eine Liste mit „potenziellen Risiken und empfohlenen Maßnahmen“. Das Ergebnis: Der CFO begann, ihn als seinen „Radar“ zu sehen. Das war Managing Up in Reinform, und der Mitarbeiter machte in kürzester Zeit Karriere.
Die Falle ist, bei Problemen nur auf Anweisung zu reagieren. Das ist Dienst nach Vorschrift. Wer dagegen die 80/20-Regel anwendet – 20 % voraussehen, die 80 % der Probleme entschärfen – verschafft dem Chef Ruhe und sich selbst einen entscheidenden Vorteil.
Kommunikation auf den Chef abstimmen
Nicht jeder Chef denkt gleich. Manche wollen Zahlen, andere wollen Stories. Manche wollen Memos, andere wollen kurze Chats. In den letzten Jahren habe ich gesehen, wie Karrieren oft daran scheitern, dass Mitarbeiter nicht den Sprachstil ihrer Vorgesetzten adaptieren.
Vor ein paar Jahren betreute ich ein B2B-Sales-Team. Der CEO war stark zahlengetrieben. PowerPoint-Folien voller Grafiken interessierten ihn weniger, eine handschriftliche Tabelle mit drei Kennziffern dagegen schon. Wer diesen Stil traf, bekam grünes Licht.
Die Lektion ist klar: Machen Sie eine kleine Beobachtungsanalyse. Wie verarbeitet Ihr Chef Informationen? Wie lange ist seine Aufmerksamkeit? Passen Sie sich an diesen Rhythmus an – nicht um „sich zu verstellen“, sondern um Wirkung zu entfalten. Managing Up ist letztlich Informations-Design in Echtzeit.
Politische Dynamiken verstehen
Ein blindes Vertrauen in ein Hierarchiemodell führt oft in Schwierigkeiten. Managing Up bedeutet auch, das Netzwerk Ihres Chefs zu durchschauen: Wen muss er überzeugen? Welche internen Machtkämpfe existieren?
Ich habe in einem Unternehmen erlebt, dass ein Marketing-Direktor trotz brillanter Ergebnisse scheiterte, weil er die internen Interessen des CFO ignorierte. Sein Chef unterstützte ihn nur halbherzig, weil er selbst Gegenwind bekam. Hier hätte Managing Up bedeutet, das Gesamtbild zu erkennen und Lösungen vorzuschlagen, die auch den CFO entlasten.
Das klingt kontraintuitiv, aber wer diese politischen Linien versteht, kann seine Argumente so aufstellen, dass sie nicht nur dem Chef nutzen, sondern dessen Gegner entkräftigen. Das ist hohe Schule des Managements – aber ohne sie bleibt man auf der Mittelstrecke hängen.
Vertrauen durch Verlässlichkeit aufbauen
Am Ende dreht sich alles um Verlässlichkeit. Ich sage meinen Teams oft: „Liefern Sie, was Sie versprechen.“ Einfach, aber kraftvoll. Managing Up klappt nicht, wenn Sie als unzuverlässig gelten.
Einer meiner größten Fehler war in einer Expansionsphase 2016: Wir gaben Zusagen, ohne realistisch die Ressourcen zu prüfen. Ergebnis: enttäuschte Erwartungen, verlorenes Vertrauen. Seitdem halte ich mich streng an das Prinzip: lieber 10 % weniger versprechen, aber dafür 100 % einhalten.
Managing Up lebt davon, dass Ihr Chef Ihnen blind vertrauen kann. Wenn er weiß, dass Sie immer abliefern, investiert er auch mehr in Ihre Ideen. Das ist wie Kreditwürdigkeit: Schwer aufzubauen, leicht zu zerstören.
Konstruktives Feedback steuern
Viele glauben, Feedback gehe nur top-down. Aber Managing Up bedeutet, auch Feedback nach oben zu geben – selbstverständlich mit Fingerspitzengefühl.
Ich erinnere mich an einen Fall, bei dem ein Chef in Meetings oft Themen sprunghaft wechselte. Das Team war verwirrt. Einer wagte es, ihn im Einzelgespräch darauf hinzuweisen – allerdings nicht als Kritik, sondern als Bitte: „Könnten wir die Agenda klarer abstecken?“ Die Wirkung war enorm.
Feedback nach oben ist heikel, ja. Aber es funktioniert, wenn Sie aufzeigen, dass es Ihrem Chef und nicht nur Ihnen hilft. Formulieren Sie es im Modus „So erleichtern wir Ihre Arbeit“ – dann wird es akzeptiert.
Impulse fürs eigene Wachstum nutzen
Managing Up ist am Ende kein Einbahnstraßenprozess. Sie selbst wachsen daran enorm. In meinen eigenen Jahren habe ich mehr über strategisches Denken gelernt, indem ich meine Chefs beobachtet und unterstützt habe, als durch jede Fortbildung.
Das Schöne ist: Wer bewusst „Managing Up“ praktiziert, entwickelt Leadership-Skills, lange bevor er selbst die Position hat. Sie lernen Prioritäten zu setzen, Ziele zu übersetzen und unter Druck Ruhe zu wahren.
Sehen Sie „Managing Up“ also nicht nur als Pflichtübung, sondern als Trainingsfeld. Wer diese Fähigkeit meistert, hat die Basis gelegt, selbst einmal überzeugend geführt zu werden – und zu führen.
Fazit
„Managing Up“ ist keine theoretische Mode, sondern ein entscheidender Karrierefaktor. Die Realität in Unternehmen ist chaotisch, Entscheidungen sind unscharf, und Chefs sind genauso überfordert wie Teams. Wer aber versteht, wie man deren Arbeit erleichtert, schafft Win-Win-Situationen.
Am Ende profitieren beide Seiten: Ihr Chef, weil er bessere Entscheidungen trifft – und Sie, weil Sie als strategischer Partner gesehen werden. Sehen Sie es nicht als Selbstverleugnung, sondern als Investition in die eigene Karriere. Mehr hilfreiche Einblicke zum Thema finden Sie auch bei Harvard Business Review.
FAQs
Was bedeutet „Managing Up“ genau?
„Managing Up“ beschreibt die Fähigkeit, das Verhältnis zu Vorgesetzten aktiv zu gestalten, sodass Zusammenarbeit effektiver und erfolgreicher wird.
Ist Managing Up Manipulation?
Nein, es geht nicht um Manipulation, sondern darum, Klarheit zu schaffen, Erwartungen abzustimmen und gemeinsame Ziele zu fördern.
Warum ist Managing Up heute wichtiger?
In zunehmend komplexen Organisationen brauchen Führungskräfte verlässliche Mitarbeiter, die Orientierung geben – nicht nur Aufgaben erledigen.
Welche Rolle spielt Kommunikation?
Sie ist zentral. Wer seinen Kommunikationsstil dem Chef anpasst, erhöht Akzeptanz und beschleunigt Entscheidungen.
Wie vermeide ich Überforderung des Chefs?
Fassen Sie prägnant zusammen und liefern Sie nur die wichtigsten Informationen statt überladener Reports.
Kann man Managing Up lernen?
Ja, durch Beobachtung, Feedback, gezielte Fragen und bewusstes Training entwickeln Sie diese Fähigkeit systematisch.
Wie baue ich Vertrauen auf?
Indem Sie konsequent liefern, realistische Zusagen machen und langfristig Verlässlichkeit beweisen.
Was tun bei widersprüchlichen Vorgaben?
Klären Sie Missverständnisse aktiv, dokumentieren Sie Ihr Verständnis und suchen Sie den Dialog statt stillen Gehorsam.
Ist Feedback an den Chef riskant?
Es ist riskant, wenn es als Kritik wirkt. Erfolgreich wird es, wenn Sie es als Unterstützung anbieten.
Wie gehe ich mit schwierigen Chefs um?
Fokussieren Sie auf deren Bedürfnisse, wählen Sie klare Kommunikation und suchen Sie kleine, schnelle Erfolge.
Welche Fehler sollte ich vermeiden?
Unklare Kommunikation, falsche Versprechen und politisches Naivsein sind typische Stolperfallen beim Managing Up.
Vorteil für meine Karriere?
Ja, weil Vorgesetzte Mitarbeiter fördern, die sie als verlässliche Partner und entlastende Stützen erleben.
Gilt das auch im Mittelstand?
Absolut. Ob Konzern oder Familienbetrieb – Managing Up verbessert Zusammenarbeit in jeder Organisationsgröße.
Bedeutet das mehr Arbeit für mich?
Es bedeutet eher klügere Arbeit: Weniger Reibungsverluste, mehr Produktivität und bessere Anerkennung.
Kann ich Managing Up missbrauchen?
Ja, wer es eigennützig oder manipulativ betreibt, zerstört langfristig Vertrauen und seine Reputation.
Warum ist Empathie beim Managing Up wichtig?
Weil Empathie hilft, Hintergründe besser zu verstehen und Lösungen zu liefern, die für den Chef wirklich zählen.